„Wer weiß, dass genug genug ist, wird immer genug haben.“
Laotse
Man sagt uns ständig, dass Mehr besser ist. Mehr Geld verdienen, mehr Geld ausgeben, mehr besitzen. Können wir jemals genug haben?
Die Werbung trichtert uns auf allen Kanälen ein, dass es so etwas wie „Genug“ gar nicht geben kann. Immer gibt es angeblich etwas noch Besseres, noch Schöneres, noch Neueres, ohne das unser Leben unvollkommen ist.
Würden wir stattdessen erkennen, dass wir schon jetzt genug haben, würden wir aufhören zu kaufen. Kein Unternehmen kann das wollen. Deshalb müssen wir weiter in dem Glauben leben, dass uns zu unserem Glück immer noch mindestens ein Produkt fehlt. Genug ist kein Geschäftsmodell.
Ich bin der Überzeugung: Wenn wir wüssten, wann wir genug haben, könnten wir den Verlockungen der Konsumkultur leichter widerstehen. Wir wären zufriedener mit den Dingen, die wir bereits haben. Wir würden weniger Gerümpel anhäufen und hätten weniger Stress. Und dafür mehr Geld, Energie und Zeit für die wichtigen Dinge.
Definieren wir also gemeinsam, was für uns genug ist. Schaffen wir Klarheit bezüglich der Dinge, die wir nicht brauchen und deshalb nicht wollen. Und erkennen wir, was für uns wirklich entscheidend für ein zufriedenes Leben ist.
Warum genug nicht einfach zu definieren ist
Herauszufinden, wann Du genug hast, kann zugegebenermaßen eine große Herausforderung sein. Aus mehreren Gründen:
1. Für jeden von uns bedeutet „Genug“ etwas anderes
Es gibt Minimalisten, die sich mit extrem wenigen Dingen zufrieden geben, für die jeder überflüssige Gegenstand eine Belastung darstellt. Es gibt aber auch Menschen, die fühlen sich rundum wohl inmitten einer Schar aus Erinnerungsstücken und möchten sich gar nicht davon trennen.
Es gibt keine magische Zahl, die beschreibt wie viele Dinge denn nun genug sind. Jeder muss selbst herausfinden, wie viel er oder sie braucht.
2. Wie viel genug ist, hängt davon ab, wie Du lebst
Ein Single braucht im Prinzip weniger Dinge als eine Großfamilie. Jemand mit einem großen Garten, einer eigenen Werkstatt oder einem bestimmten Hobbys wird eine Menge Zubehör benötigen. In der Stadt kann man gut auf ein Auto verzichten, auf dem Land bedeutet das nahezu Isolationshaft.
Während Du vielleicht der Meinung bist, dass sich in Eurer Wohnung viel Überflüssiges befindet, hält Dein Partner es so vielleicht für genau richtig. In einer Familie und Partnerschaft einen Kompromiss zu finden, mit dem alle glücklich sind, erfordert laufende Kommunikation und Verständnis für die Bedürfnisse des anderen.
Als ich vor einigen Jahren anfing unsere Wohnung auszumisten, war mein Mann zum Beispiel gar nicht begeistert. Ich gebe zu, ich habe auch den Fehler gemacht, Sachen von ihm ungefragt auszusortieren. Und bis heute ist sein Genug für meinen Geschmack viel zu viel.
Wie viel oder wenig wir brauchen, ist eine sich fortlaufend stellende Frage, die wir immer wieder neu und oft gemeinsam beantworten müssen.
3. Es entspricht nicht dem Zeitgeist
In einer Gesellschaft, die immer neue Wünsche weckt und in der man grundsätzlich nie genug haben kann, ist es schwer, sich genau dafür zu entscheiden. Von Kindesbeinen an und von allen Seiten wird genau das Gegenteil behauptet.
Einkaufen als Freizeitbeschäftigung, Kaufen statt Machen, Statussymbole anhäufen, um anderen zu imponieren – es ist so leicht, sich in nutzlosem Konsum zu verlieren und blind Trends hinterherzujagen.
Für sich den Punkt zu finden, wann es gut genug ist, erfordert es, gegen den Strom zu schwimmen. Es braucht innere Stärke und Mut, nicht das zu tun, was die Mehrheit tut.
Du kannst Dich darauf einstellen, dass Du wenig Unterstützung erfahren wirst, wenn Du Dein Konsumverhalten drosselst. Die Medien und Dein Umfeld werden Dir weiterhin das Gefühl vermitteln, dass Dir etwas Entscheidendes zum Glück fehlt.
Deshalb hilft es, unterstützenden Stimmen in Büchern und Blogs zu folgen, die über ein einfacheres Leben schreiben.
Wie viel brauche ich wirklich?
Herauszufinden, wann Du genug hast, ist der erste Schritt, um dem Hamsterrad des Immer-Noch-Mehr-Wollens zu entkommen. Aber wie definierst Du Dein persönliches Genug?
Die folgenden zwei Fragen werden Dich dabei unterstützen:
1. Bringt es mich meinen Zielen näher oder lenkt es mich von ihnen ab?
Diese Frage kannst Du Dir zum Beispiel stellen, wenn Du Dein Zuhause ausmistest oder überlegst, eine Sache zu kaufen.
Die Dinge, die Du besitzt, sollen Dir dabei helfen, Deine Ziele zu erreichen und ein Leben zu führen, das im Einklang mit Deinen Werten steht.
Alles, was in Deinem Augen weder nützlich noch schön ist, trägt dagegen zum Überfluss bei, der Dich von diesem Wesentlichen ablenkt. Überflüssiger Plunder beansprucht Zeit, Platz und Deine Aufmerksamkeit.
Wenn Du lernst, Dich von Ballast zu trennen und den Strom von Dingen in Dein Leben zu begrenzen, werden automatisch Ressourcen frei werden für die Menschen und Aktivitäten, die Dir am meisten bedeuten.
2. Bereicherung oder Belastung?
Frage Dich auch, ob Dich etwas tatsächlich bereichert oder eher belastet bzw. belasten würde.
- Technik kann uns das Leben erleichtern – oder uns zu ihrem Sklaven machen.
- Informationen können uns helfen, gute Entscheidungen zu treffen – oder uns überfordern.
- Kleidung kann dafür sorgen, dass wir uns gut fühlen – oder uns morgens vor dem Schrank verzweifeln lassen.
Selbst von nützlichen oder schönen Dingen kann man zu viel haben – auch wenn Marketingabteilungen das nie eingestehen würden. Zu viel des Guten wird auch zur Last.
Wenn Du anfängst, Dinge aus Deiner Wohnung oder Aktivitäten aus Deinem Leben auszumisten, sei ehrlich zu Dir und behalte nur das, was Du regelmäßig benutzt und was Dich von Herzen erfreut.
Lass die Dinge los, die Du nicht (mehr) brauchst und die Dein Leben schwerer machen.
Du wirst erkennen, dass Du genug hast, wenn Du weniger Stress empfindest und Dich allgemein freier fühlst.
Was Du gewinnst, wenn Du genug hast
Und damit kommen wir abschließend zum eigentlichen Gewinn nachdem Du Dein Genug gefunden hast. Der Lohn dafür, in einigen Punkten Verzicht zu üben, ist es allemal wert.
Mehr Freiheit
Die Einsicht, von etwas genug zu haben, wird Dir langfristig viel Geld, Zeit, Platz und Energie schenken. All das sind Ressourcen, die Dich insgesamt freier machen. Je mehr Du davon hast, desto einfacher kannst Du genau so leben und arbeiten, wie Du es möchtest.
Mehr Zufriedenheit
Zu wissen, mit welcher Menge Du Dich wohlfühlst, wird Dich zufriedener machen. Du wirst nicht nach noch mehr streben, wenn Du bereits erkannt hast, dass Dir zu viel nicht guttut.
Ohne schlechtes Gewissen wirst Du Nein sagen können, weil Du weißt, dass es so für Dich besser ist.
Weniger Neid
Wenn Du das für Dich richtige Maß kennst, wirst Du Dich seltener mit anderen Menschen materiell vergleichen. Du wirst nicht mehr Dinge kaufen, um die Nachbarn zu beeindrucken oder weil Du anderen etwas beweisen willst.
Mehr Dankbarkeit
Mit der Perspektive, Dich darauf zu konzentrieren, was Du schon hast, im Gegensatz dazu, was Dir fehlt, wird sich ein Gefühl der Dankbarkeit in Dir ausbreiten. Und Dankbarkeit ist ein Schlüssel für ein glückliches und erfülltes Leben.
In welchen Lebensbereichen hast Du bereits genug?
Ich bin gespannt auf Deinen Kommentar!
Buchtipp
Ein passendes Buch zum Thema dieses Artikels ist „GENUG – Wie Sie der Welt des Überflusses entkommen“ von John Naish*. Es ist bereits 2009 erschienen und nach wie vor lesenswert.
*Affiliate-Link: s. dazu Ziff. 9 der Datenschutzerklärung
Zum Weiterlesen empfehle ich Dir außerdem meine folgenden Artikel:
- 15 minimalistische Verbesserungen für Deine Wohnung
- Weniger: Die einfachste, aber fast immer vernachlässigte Option
- Freiwillig Verzicht üben? 5 Beispiele dafür, dass weniger Komfort besser für Dich ist
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Ich habe mal den schönen Spruch gehört:
Nicht Du besitzt die Dinge, sondern die Dinge besitzen DICH.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: „Da ist etwas wahres dran.“
Das Zitat stammt, soweit ich weiß, von Tyler Durden, der Hauptfigur aus dem Film Fight Club. Und er hat recht – zumindest, wenn man nicht gut aufpasst und bedenkt, dass Eigentum (neben gewissen Vorteilen) auch immer gewisse Verpflichtungen mit sich bringt.
Liebe Grüße
Rebecca
In der Partnerschaft ist es tatsächlich ein nie endender Kompromiss. Es sind ja am Ende immer noch zwei Menschen mit individuellen Bedürfnissen. Und wie du sagst, Finger weg von den Dingen anderer. Mit viel Geduld und entspanntem Vorleben konnte ich meinen Mann auch begeistern. Ich freue mich dann um so mehr, wenn er von sich aus Dinge aus dem Haus trägt. Und wenn er dann vorschlägt, etwas auszusortieren, das ich schon längst weggegeben hätte, könnte ich Luftsprünge machen (ich beherrsche mich natürlich, soll er ruhig denken, es wäre seine Idee 😉).
Dein zweiter Punkt ist auch eine Erkenntnis für mich. Es ist unglaublich, was man für einen großen Garten alles braucht 😲. Da bin ich aber auch gar nicht minimalistisch unterwegs, alles was Wurzeln hat, darf einziehen. Da nehmen wir sogar gerne die überzähligen Pflänzchen der Nachbarn und der Schwiegermama.
LG
Vanessa
Liebe Vanessa,
ich denke auch, dass man besser das selbst vorlebt, was einem wichtig ist. Andere Personen sollen dann selbst entscheiden, ob das auch etwas für sie wäre. Dein Mann scheint die Vorteile inzwischen ja auch erkannt zu haben 😉
Und bei Gartenpflanzen würde ich auch sagen, dass es ruhig ein bisschen mehr sein darf!
Liebe Grüße
Rebecca
Deine Blog-Beiträge zu lesen, motiviert mich immer wieder meinen Konsum zu hinterfragen 😍 Vor allem die Vergleiche mit anderen können gefährlich werden 🤕🤕.
Mich dann an meine Ziele zu erinnern, hilft mir hier ungemein ♥️
Liebe Alexia,
freut mich sehr zu lesen 🙂 Vergleiche Dich lieber mit Dir selbst vor einigen Monaten oder Jahren. Dann siehst Du, ob Du Deinen Zielen nähergekommen bist.
Liebe Grüße ♥️
Rebecca