Einfach Nein sagen: Wie Du lernst, Grenzen zu ziehen

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Selbstverständlich hast Du Deinem Chef spontan zugesichert, das neue Projekt zu übernehmen. Dabei weißt Du doch genau, dass Dein Terminkalender es nicht zulässt. Auf Deiner To-Do-Liste ist schon seit Wochen kein einziger Platz mehr frei. Alles wichtig. Alles dringend. „Kein Problem. Ich schaffe das. Sie können sich auf mich verlassen.“

Jetzt musst Du zusehen, Deine Aufgaben noch schneller zu erledigen. Du kürzt Pausen, isst ein Brötchen vor dem PC und lässt den Sport ausfallen. Sollte es jemand wagen Dich zu unterbrechen, reagierst Du genervt und kurz angebunden. Am Ende der Woche bist Du völlig erschöpft und brauchst das ganze Wochenende, um Dich wieder halbwegs zu erholen.

Muss das wirklich so sein? „Aber ich konnte doch nicht einfach Nein sagen, oder?“

Warum wir immer Ja sagen

Viele von uns haben ein Problem damit, klar und freundlich Nein zu sagen. Nie haben wir gelernt, etwas „nett“ abzulehnen – sowohl beruflich als auch privat. Stattdessen sagen wir zu allem Ja und Amen und bringen uns dadurch immer wieder in die Bredouille. Wir geraten in Eile, vernachlässigen unsere eigenen Bedürfnisse und haben am Ende für nichts wirklich Zeit.

Hinter dem Ja-Syndrom steckt unsere Urangst, von anderen abgelehnt zu werden. Verweigern wir uns, erwarten wir negative Konsequenzen. Schon als kleines Kind lernen wir, dass es besser ist, es allen recht zu machen. Wenn wir das tun, was man uns sagt, werden wir geliebt und gelobt. Um niemanden zu enttäuschen, entwickeln wir uns zu Perfektionisten, schrauben die Erwartungen an uns selbst immer höher und bürden uns zu viel auf.

Ich frage mich: Wann sagst Du Ja zu Dir?

Lernen, Nein zu sagen

Wer immer Ja sagt, steckt in einem Dilemma: Die Dinge, die wir leichtfertig zusagen, führen wir nur halbherzig aus. Für das, was uns wirklich etwas bedeutet, fehlt uns dagegen die Energie.

Wenn wir ehrlich sind, spüren wir, dass es besser wäre, häufiger Nein zu sagen.

Den Bitten anderer Menschen nicht immer (gleich) nachzukommen würde sowohl uns als auch unseren Mitmenschen dienen, denn:

  • Nur wenn wir auch Nein sagen, hat unser Ja eine Bedeutung.
  • Nur wenn wir oft Nein sagen, finden wir Zeit für das, was uns wichtig ist.
  • Nur wenn wir uns auch um uns selbst sorgen, können wir uns gut um andere kümmern.

„Der Unterschied zwischen erfolgreichen und sehr erfolgreichen Menschen ist, dass sehr erfolgreiche Menschen zu fast allem Nein sagen.“

Warren Buffet

Schluss mit der Halbherzigkeit! Ich finde, das Wort „ganzherzig“ sollte in unseren Sprachgebrauch einfließen. Etwas voller Liebe und Leidenschaft verfolgen – nicht nur, weil man sich dazu verpflichtet fühlt.

Doch selbst wenn man verstanden hat, dass man auch Nein sagen muss, fällt es immer noch unglaublich schwer umzusetzen.

Weil wir es nicht besser können, entscheiden wir uns immer wieder gegen unser Bauchgefühl und sagen Ja, obwohl wir Nein meinen. Und schaffen uns so neue Probleme: Unser entgegenkommendes Verhalten weckt ungewollt weitere Erwartungen. Beim nächsten dringenden Projekt werden wir wieder gebeten einzuspringen und Abzulehnen wird immer schwieriger.

Wie lernt man, konsequenter Nein zu sagen?

Mit Unbekannten und Freunden üben

Von heute auf morgen allen Paroli bieten zu wollen, funktioniert wahrscheinlich für die wenigsten von uns. Nein sagen will gelernt werden.

Am besten ist es, sich am Anfang nicht zu überfordern und zunächst bei Fremden und Freunden zu üben. Die dabei gesammelten Erfahrungen wappnen uns für schwierigere Situationen, z.B. Gespräche mit dem Chef oder besonders dominanten Menschen.

Am leichtesten fällt uns das Nein erfahrungsgemäß gegenüber Menschen, die wir nicht persönlich kennen. Von ihnen haben wir in der Regel keine negativen Konsequenzen zu erwarten.

Übe in Situationen mit Unbekannten das Neinsagen, z.B. indem Du

  • dem Verkäufer am Telefon mitteilst, dass Du kein Interesse an seinem Werbeangebot hast
  • in der Fußgängerzone kostenloses Informationsmaterial oder Unterschriftenaktionen freundlich ablehnst
  • im Supermarkt auf Gratisproben dankend verzichtest.

Das Nein darf in diesen Fällen kurz und knapp ausfallen. (Es sei denn natürlich, die Angebote interessieren Dich wirklich.) Bleibe dabei immer freundlich und lächle.

Etwas schwieriger wird es schon, gegenüber Freunden und Familienmitgliedern häufiger Nein zu sagen. Wenn Du plötzlich etwas ablehnst, das Du bislang immer zugesagt hast, wirst Du Dein Umfeld vermutlich irritieren. Wie kannst Du trotz einem Nein für Verständnis sorgen?

Hier meine Ideen dazu:

  • Erkläre Deine Beweggründe:
    Du möchtest an den Kaffeerunden im Büro nicht mehr teilnehmen? Dann erkläre Deinen Arbeitskollegen Dein Motiv, z.B. dass Du die Mittagspause lieber für einen Spaziergang nutzen möchtest, um Dich mehr zu bewegen. Wenn Du Deine Entscheidung begründest, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Du auf Verständnis stößt.
  • Schlage eine Alternative vor:
    Du hast nicht schon wieder Lust auf Campingurlaub? Dann schlage Deinem Partner eine Alternative oder einen Kompromiss vor. Ihr könntet z.B. in diesem Jahr ein Ferienhaus mieten und dafür im nächsten Jahr wieder auf den Campingplatz fahren.
  • Verlange etwas im Gegenzug:
    Ständig musst Du kurzfristig für einen Kollegen einspringen? Wenn Du das nächste Mal jemandem aushilfst, könntest Du im Gegenzug um Unterstützung bei einer Deiner Aufgaben bitten.
  • Teile Arbeit neu auf:
    Hast Du das Gefühl, dass die ganze Hausarbeit an Dir hängen bleibt? Bitte Deinen Partner, bestimmte Aufgaben im Haushalt zu übernehmen.
  • Verhandle:
    Dein Sportverein erwartet wie jedes Jahr drei selbstgebackene Kuchen für das Sommerfest? Sage zu, aber diesmal „nur“ zwei Kuchen.
  • Bitte um Unterstützung:
    Es ist in Ordnung, andere um Hilfe zu bitten. Wenn die Last auf mehrere Schultern verteilt wird, ist sie nicht mehr so schwer für den Einzelnen zu tragen.
  • Hilf anderen, sich selbst zu helfen:
    Hilf anderen nur soweit, wie sie sich selbst helfen können, ansonsten machst Du sie (ungewollt) abhängig von Deiner Unterstützung.
  • Miste die eigenen Ansprüche aus:
    Erkenne, dass nicht immer alles perfekt sein muss. In allen Lebensbereichen (Haushalt, Körper, Ernährung, Beziehungen, Karriere, Finanzen etc.) ist weniger oft mehr.

Schwierige Situationen meistern

Steht man in der Hierarchie unter jemandem oder strahlt nicht dieselbe Überzeugungskraft wie das Gegenüber aus, fällt das Ablehnen besonders schwer. Am schwierigsten ist das Neinsagen wohl gegenüber Vorgesetzten, dominanten oder manipulativen Menschen. Je nach Situation und eigener Persönlichkeit befürchten wir Wutausbrüche, Enttäuschungen und negative Konsequenzen für das künftige Miteinander.

Für diese Fälle habe ich 3 Tipps:

  • Achte auf Deine Körpersprache:
    Es fällt uns leichter, unsere Meinung zu vertreten, wenn wir unsere Körpersprache bewusst einsetzen. Achte z.B. darauf, aufrecht zu stehen oder zu sitzen, mit beiden Füßen gleichmäßigen Bodenkontakt zu halten, den Kopf nicht schief zu legen, nicht zu viel zu lächeln und direkten Blickkontakt zu halten.
  • Lege Konsequenzen dar:
    Weise z.B. Deinen Chef darauf hin, wie viel Zeit das neue Projekt voraussichtlich in Anspruch nehmen wird und dass Dir diese Zeit für andere Projekte fehlen wird. Du könntest Deinen Vorgesetzten auch direkt fragen, welche anderen Aufgabe Du stattdessen vorerst ruhen lassen darfst oder ob Du gewisse Aufgaben delegieren könntest.
  • Sage nicht sofort Ja:
    Bitte bei zeitlich umfangreichen Aufgaben oder folgenreichen Entscheidungen immer um Bedenkzeit – mindestens bis zum nächsten Morgen. Dadurch verhinderst Du, dass Du von Bitten überrumpelt wirst und eine spontane Zusage später bereust.

Einen weiteren Gedanken finde ich hilfreich: Wenn uns jemand um etwas bittet, muss derjenige grundsätzlich auch mit einem Nein klarkommen, es handelt sich ja um eine Bitte. Das trifft auf unsere Bitten natürlich auch zu: Gib Deinem Gegenüber immer auch die Chance, eine Bitte abzulehnen.

Langfristig gewinnen wir durch die vier Buchstaben übrigens mehr als unsere Hoheit über die eigene Zeit zurück. Erstaunlicherweise respektieren uns unsere Mitmenschen mehr, wenn wir unsere persönlichen Grenzen kennen und verteidigen.

Innere Stärke entwickeln

Apropos Respekt: Den bringen wir durch das Ziehen klarer Grenzen nicht zuletzt uns selbst entgegen. Wer öfter im Einklang mit seiner inneren Überzeugung handelt, gewinnt an innerer Stärke und Selbstvertrauen.

Dazu gilt es auch herausfinden, was Dir persönlich wichtig im Leben ist, wofür Du mehr Zeit haben möchtest und worauf Du gut verzichten kannst.

Je besser man seine eigenen Werte, Wünsche und Ziele kennt, desto leichter kann man Ja oder Nein sagen.

Eine eingängige Daumenregel dafür hat Derek Sivers aufgestellt:

„If you’re not saying “HELL YEAH!” about something, say “no”.“

Derek Sivers

Wenn Du also nicht von Anfang an begeistert von einer Idee bist, sagst Du besser Nein.

Meine Frage an Dich: In welchen Situationen fällt es Dir schwer Nein zu sagen? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Zum Weiterlesen empfehle ich Dir besonders folgende Artikel:

Damit nimmst Du Deine Ziele selbst in die Hand!

„Wer nicht weiß, welchem Hafen er zusteuern soll,
für den gibt es keinen günstigen Fahrtwind.“

Seneca

Je genauer Du weißt, wohin Du möchtest, desto leichter findest Du den Weg. Denn Du erkennst die Gelegenheiten besser, die Dich genau an Dein Ziel bringen. 

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Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Hallo Rebecca,
    vielen Dank für diesen wichtigen Artikel. Ich glaube auch, dass „Nein sagen können“ das Leben leichter und besser macht.
    Dazu gehört auch, Nein zu sich selbst sagen zu können, denn oft genug überfordern wir uns selbst am meisten.
    Die Voraussetzung fürs Gernzen Setzen ist meiner Abnsicht nach, zu lernen, sich und seine Grenzen wieder zu spüren und sich das Nein auch zu erlauben.
    Herzliche Grüße
    Sabine

    1. Rebecca

      Liebe Sabine,
      vielen Dank für Deinen Kommentar und die Ergänzung des Themas um die persönlichste Dimension – die eigenen Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren. Vielleicht fängt es damit an, die Erwartungen an sich selbst einmal kritisch zu hinterfragen und zu lernen diejenigen loszulassen, die nicht mehr zu Deinen aktuellen Wünschen und Bedürfnissen passen.
      Dazu wünsche ich Dir viel Mut und auch ein wenig Gelassenheit.
      Herzliche Grüße
      Rebecca

  2. Petra Wolff

    Das kann ich alles nur bestätigen. Noch ein Tipp für „Fortgeschrittene“. Wenn man genügend Übung im Nein-Sagen hat, ist auch keine ausgefeilte Begründung mehr nötig. Es genügt dann ein freundliches: „Nein, weil ich es nicht möchte.“ Oder „Nein, gefällt mir nicht.“

    Noch ein Tipp: Es gibt auch Situationen, in denen man keine Wahl hat, sondern die Aufgabe machen muss. Wenn nicht gerade deine Existenz davon abhängt, erledige die Aufgabe nicht gut. Dann brauchst du das beim nächsen Mal bestimmt nicht noch einmal zu machen. 😉

    1. Rebecca

      Liebe Petra,
      vielen Dank für Deinen Kommentar und Deine Tipps! Ja, ein Nein kann auch ganz kurz ausfallen. Wenn man etwas nicht möchte, keine Lust hat oder etwas nicht gefällt, reicht das als Begründung schon aus.
      Herzliche Grüße
      Rebecca

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