Wie Lifestyle-Inflation junge Menschen im ersten Job trifft

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Dies ist ein Gastbeitrag von Alexia Tsouri von Akademiker Fibel.

Ein guter Studienfreund von mir bezog wie ich BAföG und arbeitete nebenbei, um sich das teure Studium leisten zu können. Ich bewunderte ihn immer, denn er hatte Wünsche im Leben. Manchmal dachte ich, bei ihm sei alles möglich.

Nach dem Studienabschluss erntete er endlich die Lorbeeren für seine harte Arbeit. Er fing in einer Top-Beratungsfirma im Rhein-Main-Gebiet an und verdiente endlich, was er verdiente. Anstatt Prospekte nach Angeboten zu durchforsten, konnte er nun jeden Tag auswärts essen gehen. Er erfüllte sich einen großen Traum, indem er seinen Polo durch einen Mercedes ersetzte. Endlich konnte er zudem die Welt bereisen.

Während die Monate in seinem ersten Job vergingen, sah ich ihn immer seltener. Sein Arbeitspensum war hoch und am Wochenende siegten Erschöpfung und Müdigkeit. Die Umstellung vom flexiblen Studium zu einer 50- bis 70-Stunden-Woche fiel ihm sichtlich schwer. Doch wenn ich ihn dann einmal sah, war ich begeistert: Er trug statt Jeans und Shirt nun Anzug und Krawatte. Jeder in der Firma würde dies tun und er passe sich an, sagte er.

Als ich glaubte, dass all seine Geldprobleme erledigt waren, passierte etwas.

Eines Tages vertraute er sich mir an und gab zu, Probleme zu haben. Er zeigte mir seinen Kontoauszug und mir stockte der Atem. Sein Dispo war über 5.000 € ausgereizt! Ich verstand die Welt nicht mehr und fragte ihn, wie das passieren konnte. Seine Antwort war unsicher und zittrig. Mir wurde klar: Er wusste selbst nicht, wie es so weit kommen konnte.

Da ich zu diesem Zeitpunkt viele Finanzbüchern las und wir uns immer mal wieder über das Thema Geld austauschten, bat er mich um Hilfe. Als wir uns entschieden, gemeinsam seine Finanzen aufzuräumen, wurde mir eines bewusst: Er litt unter der Lifestyle-Inflation.

Lifesytle-Inflation

Doch was steckt hinter diesem Begriff? Das Wort Inflation stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „aufblähen“. Du kannst Dir vorstellen, dass sich die Preise aufblähen, wenn es in einer Wirtschaft zu Inflation kommt. Die Inflation sorgt dafür, dass wir alle steigende Preise zahlen und unser Geld mit der Zeit immer weniger wert ist.

Was aber kaum einer berücksichtigt: Bei frischen Absolventen liegt die Inflation meist höher als die veröffentlichte Inflation der Zentralbank. Anette Weiß, Finanzbuchautorin, bringt die Problematik auf den Punkt:

Die Inflation bei jungen Menschen ist mit sechs Prozent sogar doppelt so hoch, wie die der anderen demographischen Gruppen.“

Anette Weiß

Warum ist die Lifestyle-Inflation so gefährlich für Berufseinsteiger?

Lifestyle-Inflation bedeutet in diesem Zusammenhang, dass junge Menschen dazu tendieren, im ersten Job ihren Lebensstandard deutlich zu erhöhen. Mein Freund musste im Studium jahrelang auf viele Dinge verzichten. Sobald die ersten Gehälter da waren, war klar, dass er sich etwas gönnen würde.

Viele junge Akademiker sind anfällig für die Lifestyle-Inflation. Während der Zeit an der Hochschule verbietet sich zu viel Arbeit neben dem Studium, um den Studentenstatus nicht zu gefährden. Die BAföG-Ämter lassen Studenten nicht viel hinzuverdienen.

Dieser jahrelange Verzicht wird mit dem ersten Job ausgeglichen. Treten junge Menschen in den Beruf ein, möchten sie sich auch materiell mit anderen messen und zeigen, was sie haben.

Hier schlägt die Lifestyle-Inflation zu. Anstatt ihren Mehrverdienst zumindest teilweise zu investieren, schleudern viele Akademiker ihr Geld aus dem Fenster hinaus, als gäbe es kein Morgen mehr. Die erste Wohnung kostet 10-tausende von Euros und es wird ein Neuwagen geleast, anstatt einen Gebrauchtwagen günstig zu kaufen. Dazu wird immer häufiger auswärts gegessen.

Gefährlich wird dies dann, wenn mehr Geld ausgegeben als eingenommen wird. Denn Banken gewähren gerne Dispokredite, wenn sie die hohen Gehaltseingänge auf den Konten erkennen. Aufgrund dessen ist auch mein Freund langsam aber sicher in den Strudel der Verschuldung geraten.

Was viele junge Menschen nicht verstehen ist, dass dieses Glück nicht lange währt. Die Lifestyle-Inflation sorgt dafür, dass weniger Geld als nötig für die Rente zurückgelegt werden kann. Kurzfristiger Konsum wird vor der langfristigen Altersvorsorge priorisiert. Da die Rente noch weit weg ist, erkennen vor allem junge Menschen die Relevanz dieses wichtigen Themas nicht.

Was Du gegen Lifestyle-Inflation tun kannst

Als mein Freund mich um Hilfe bat, fackelte ich nicht lange. Wir räumten seine Finanzen auf und stellten 3 einfache Regeln für den Umgang mit Geld auf. Diese halfen ihm, nicht mehr auf die Lifestyle-Inflation hereinzufallen:

Regel Nr. 1 – Finanzziele sind die Basis der Finanzplanung

Als mein Freund noch im Studium war, hatte er viel vor. Davon sah ich nicht mehr viel nach zwei Jahren im Job. Die Arbeit hatte so viel Stress verursacht, dass er seine Wünsche komplett vergaß. Erst als ich ihn an sie erinnerte, wurde er wach gerüttelt.

Das erste, was wir taten, waren Finanzziele aufzusetzen. Mein Freund überlegte sich unter anderem, wann er in Rente gehen möchte und welche Anschaffungen in den nächsten Jahren interessant für ihn wären. Ein Hauskauf war beispielsweise in 10 Jahren geplant. Hierfür benötigte er Kapital. Anhand dieser Rahmenbedingungen entwickelten wir Finanzziele für ihn. 

In dem Moment, in dem mein Freund für seinen Hauskauf Zahlen auf Papier notiert hatte, wurde ihm bewusst, dass es sich lohnt, kurzfristig auf einen Teil seines Konsums zu verzichten.

Studien sind sich einig, was den Erfolg durch Zielsetzungen betrifft. Sobald Du einige Dinge bei der Zielplanung beachtest, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Du diese auch Ziele erreichst, um bis zu 60 Prozent. Achte darauf, messbare Ziele aufzustellen. Denn nur messbare Ziele kann das Gehirn verarbeiten und jahrelang verfolgen.

Regel Nr. 2 – Nutze Budgets

Mein bestes Erfolgsrezept, um die Lifestyle-Inflation zu schlagen, sind feste Budgets für alle persönlichen Vorhaben.

Die Budget-Methode empfahl ich auch meinem Freund. Nun kalkuliert er maximal 50 Prozent seines Einkommens für Fixkosten und Ausgaben für Lebenshaltung wie z.B. Lebensmittel. Seine Spar- und Investitionsquote beläuft sich auf 20 Prozent. Die restlichen 30 Prozent sind sein Konsumbudget, z.B. für Restaurantbesuche und alles, was ihm sonst noch Freude bereitet. Sollte er einmal mehr als geplant verkonsumieren, sinkt automatisch seine Sparquote. Wann immer sich sein Einkommen erhöht, verteilt er die Differenz gleichmäßig auf die drei Budgettöpfe.

Behalte Deine Sparquote immer im Blick, um nicht auf die Lifestyle-Inflation hereinzufallen. Auch wenn Du weniger verdienst, als mein Freund im Consulting. Die Höhe des Einkommens spielt für den Nutzen von Budgets keine Rolle. 

Regel Nr. 3 – Ein Spaßkonto darf nicht fehlen

Finanzziele alleine bewahren noch nicht davor, das Einkommen kurzfristig zu verkonsumieren. Denn unser Gehirn benötigt Belohnungen. Diese verschafft sich mein Freund nun kontinuierlich durch ein Spaßkonto. Es speißt sich aus dem unter Regel Nr. 2 erwähnten Konsumbudget und ist für etwas kostspieligere Wünsche gedacht.

Wann immer mein Freund eine Reise plant, nutzt er dieses Konto. Auf sein Spaßkonto kann er auch zurückgreifen, wenn er größere Anschaffungen wie einen Kaffeevollautomaten oder einen Besuch im Freizeitpark plant.

Indem Du Deinem Gehirn regelmäßig Freude verschaffst, kommst Du nicht in ein Mangelempfinden. Dies sorgt dafür, dass Du auch in Zukunft der Lifestyle-Inflation fern bleibst. 

Nur wer die Gefahren der Lifestyle-Inflation erkennt, kann sie umgehen

Hätte mein Freund seine Finanzen nicht aufgeräumt, würde er sich wahrscheinlich heute noch im Hamsterrad befinden. Er hat inzwischen seinen Job gewechselt und den Mercedes wieder gegen einen Polo eingetauscht. Wann immer es geht, lädt er mich zum Kochen ein. In zwei Jahren wird er seinem neuen Hobby dann hoffentlich im eigenen Haus nachgehen.

Bist Du Berufseinsteiger, kann die Lifestyle-Inflation auch für Dich gefährlich werden. Je früher Du die Regeln der Finanzplanung beherzigst, desto früher kannst Du anfangen Deine Spartöpfe zu füllen und Deine Finanzziele zu ereichen.

Übrigens: Es ist ein wahnsinnig gutes Gefühl, meine eigenen Finanztöpfe wachsen zu sehen. Kein Konsum schmeckt so gut, wie sich finanzielle Unabhängigkeit anfühlt. Ich wünsche Dir viel Erfolg beim Erreichen Deiner Finanzziele. Und vergiss bitte nie den Spaß dabei!

Über die Autorin

Alexia Tsouri Akademiker Fibel

Alexia Tsouri gründete 2019 mit ihrem wirtschafts- und volkswirtschaftlichen Studienhintergrund Akademiker Fibel, den ersten unabhängigen Finanzblog für Akademiker in Deutschland.

Akademiker Fibel unterstützt Akademiker dabei, finanziell unabhängig zu werden. Hierfür stellt Alexia Tsouri personalisiertes Finanzwissen für Studenten, Absolventen und High Professionals zur Verfügung.

Denn Akademiker stehen vor ganz eigenen Herausforderungen, was ihre Finanzen betrifft. Lifestyle-Inflation im Berufseinstieg ist nur eine Gefahr von vielen. Auf Akademiker Fibel kannst Du Dir Finanzwissen zu den Themen Finanzielle Unabhängigkeit, Rente, Steuer und Gehalt aneignen.

Starte Deine Reise zur finanziellen Unabhängigkeit noch heute. Akademiker Fibel wünscht viel Erfolg dabei!

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Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Andrea

    Liebe Rebecca,
    da bin ich ja froh, das ich während meines Studiums keine Förderung bekam und nebenbei arbeiten ging. Das Studium dauerte zwar ein Jahr über Mindestzeit, aber ich habe nebenbei Geld verdient und mir ein wenig leisten können (Stichwort: Kleidung, Essengehen und Urlaube). Ansonsten währe ich vermutlich ein Kandidat für die Lifestyle-Inflations-Falle gewesen.
    lG Andrea

    1. Rebecca

      Liebe Andrea,
      danke fürs Teilen Deiner persönlichen Erfahrung. Dann hast Du schon während des Studiums gelernt, im Rahmen Deiner finanziellen Mittel zu bleiben. Klasse!
      Liebe Grüße
      Rebecca

  2. Queen All

    Ein sehr wichtiges Thema, das leider vielen gar nicht bewusst ist. Erst gestern meinte ein junger Kollege zu mir, dass er sich mit dem ersten Gehalt einfach erst mal alles gönnen wollte ohne auf das Geld zu achten. Jetzt wundert er sich, wo das ganze schöne Geld am Monatsende geblieben ist …

    1. Rebecca

      Liebe Vanessa,
      beim ersten Gehalt kann man ja eine Ausnahme machen 🙂 Es sollte nur nicht zur Gewohnheit werden!
      Herzliche Grüße und Danke für Deinen Kommentar
      Rebecca

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