Ist Minimalismus nur etwas für Reiche?

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Es ist ein Urteil, das man oft liest und hört: Minimalismus muss man sich leisten können.

Ein minimalistisches Leben sei nur etwas für reiche Menschen, die genug Zeit und Geld hätten, um auf bestimmte Sachen verzichten zu können. Ein luxuriöser Lebensstil, mit dem man sich bewusst von anderen, weniger vermögenden Milieus abgrenzt. Zumindest nicht viel mehr als ein Marketingcoup, um alte, völlig funktionsfähige Dinge durch neue, teure Designerstücke zu ersetzen.

Handelt es sich dabei nur um Vorurteile oder ist an der Behauptung, Minimalismus sei nur etwas für Reiche, etwas Wahres dran? In diesem Artikel werfe ich ein Licht auf die vermeintliche Schattenseite des Minimalismus. Und ich beantworte die Frage, wann man eigentlich reich ist.

Minimalismus ist nur etwas für Reiche!

Der theoretische Ausgangspunkt für die Kritik am Minimalismus lautet: Bevor man etwas ausmisten kann, muss man notwendigerweise etwas besitzen. Man kann nur loslassen, was man vorher in der Hand gehalten hat. Wer minimalistischer leben möchte, möchte sich von in irgendeiner Form von Gepäck erleichtern.

Wir sprechen beim Thema Minimalismus also nicht von Menschen, die nie darüber nachdenken, ob weniger nicht besser für sie wäre, weil weniger so gut wie nichts ist. Wer noch nie ein „Zuviel“ erlebt hat, hat andere Sorgen.

Minimalismus ist ein Phänomen, das aus dem Überfluss und nicht aus dem Mangel geboren ist. (Obwohl auch im Überfluss ein Mangel bestehen kann.)

Das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass Minimalismus nur etwas für Reiche wäre.

Vielleicht hilft uns ein Blick zurück auf der Suche nach dem eigentlichen Sinn und Zweck weiter:

Mit dem Begriff „Minimalismus“ bezeichnet man nicht nur einen Lebensstil, bei dem man freiwillig einfacher lebt. Zunächst beschrieb man als Minimalismus eine Architekturströmung der klassischen Moderne, die sich durch eine schlichte, um Schnörkel reduzierte, häufig geometrische Formsprache auszeichnet.

Statt ausladender, reich geschmückter Ornamente wird die reine Funktion eines Gebäudes (oder eines Gebrauchsgegenstands) in den Fokus gerückt. Ein bekanntes Beispiel für dieses schlichte, zweckmäßige Design ist der Barcelona-Pavillon, den der deutsche Architekt Ludwig Mies van der Rohe entworfen hat.

Das für den architektonischen Minimalismus grundlegende Prinzip – Klarheit durch Schlichtheit – wurde nicht nur in Literatur, Musik und bildender Kunst aufgegriffen. Mitten im gesellschaftszyklischen Sommer, der Zeit der Hippies, entwickelte sich auch eine ganze Bewegung, für deren Anhänger Einfachheit zur Lebensphilosophie wurde.

Freiwillige Reduzierung von Besitz und Konsum, Verringern der Arbeitszeit und Selbstversorgung werden als Zeichen von Lebensqualität und Selbstbestimmung angesehen. Minimalismus ist bis heute der Gegenentwurf zu einen weit verbreiteten materiellen Lebensstil, der durch ständigen Konsum, Reizüberflutung und Entfremdung von der Natur gekennzeichnet ist.

Weniger ist mehr für viele, aber nicht alle

Am Anfang eines minimalistischeren Lebens steht meist die Erkenntnis, dass irgendetwas im Leben zu viel Raum eingenommen hat, dass Überfluss nicht immer wünschenswert ist, sondern auch zum Ballast werden kann.

Zu viel materieller Besitz kann erdrücken, aber nicht nur. Auch Beziehungen, berufliche Aufgaben, Termine, Verpflichtungen, Schulden, hohe Ansprüche und Erwartungen können ein gesundes Maß übersteigen. Im Übermaß vorhanden führen sie im Alltag häufig zu Stress, Druck und Hektik. Ein Hamsterrad mit unsichtbaren Speichen, in dem wir immer schneller laufen und doch nie ankommen.

So gut wie alles im Leben kann zu viel werden, wenn wir nicht aufpassen. Niemand ist davon ausgenommen.

An irgendeinem, schwer vorherzusagendem Punkt trifft Menschen die Erkenntnis, dass sie der Überfluss, nach dem sie gestrebt haben, nicht glücklicher macht, sondern ablenkt, überfordert, lähmt. Möglicherweise gerade vom Glück abhält.

Minimalismus ist für diese Menschen eine Methode, mit dem vollgestopften Alltag besser umzugehen. Sie bringt Erleichterung für alle, die den Versprechungen der Werbung zu lange blind gefolgt sind. Durch das schrittweise Loslassen von Gegenständen, Verpflichtungen und eigenen Erwartungen fühlen sie sich leichter, freier.

In den Ohren von einigen Menschen mag all das ziemlich unvernünftig klingen. Wie kann man völlig funktionsfähige Dinge weggeben? Man könnte sie vielleicht in Zukunft noch gut gebrauchen! Wer so dumm ist und vorschnell Dinge ausmistet, muss sie im Zweifel ein zweites Mal kaufen.

Man kann zurecht einwenden: Nicht jeder kann es sich leisten, auf Werkzeug, Reparaturmaterial, Ersatzkleidung, ein Auto oder eine Vollzeitstelle zu verzichten. Wie einfach man leben kann ist ironischerweise auch abhängig von finanziellen Ressourcen, dem Wohnsitz, vor Ort vorhandenen Dienstleistungen und sozialem Kapital.

Ist Minimalismus also doch nur etwas für Reiche?

Übertriebener Minimalismus

Zwischenfazit: Minimalismus ist ein Lebensstil, der mit dem Erfahrungshorizont vieler Menschen, die der Konsumgesellschaft überdrüssig geworden sind, resoniert. Aber in gewisser Hinsicht muss man sich ein minimalistisches Leben auch leisten können.

Dem Vorwurf, Minimalismus sei nur etwas für Reiche, möchte ich aber aus zwei Gründen widersprechen: Erstens wird heutzutage viel unter dem Label „Minimalismus“ verkauft, was gar nicht Minimalismus ist. Zweitens können auch weniger Betuchte von einem minimalistischen Leben profitieren.

Zum ersten Punkt: Ich beobachte, dass das Thema Minimalismus an vielen Stellen ausgereizt und zum Teil in sein genaues Gegenteil umgekehrt wird.

Wenn die Ausmistikone Marie Kondo nach dem Entrümpeln nahtlos teure Aufbewahrungsboxen und edle Ordnungssysteme anpreist, frage ich mich schon, ob das jetzt die notwendige Folge oder eine geniale Verkaufsmasche ist.

Ausgemistete Sachen gleich wieder durch neue, vermeintlich bessere Designerstücke zu ersetzen, widerspricht der ursprünglichen minimalistischen Intention, Fehlkäufe zu überdenken und in Zukunft bewusster einzukaufen.

In den sozialen Medien ist es auch Trend geworden, Minimalismus in einer bestimmten, meist grauen oder beigefarbenen Ästhetik zu zelebrieren, die in meinen Augen eher Eintönigkeit und Seelenlosigkeit ausstrahlt.

Und wie unpraktisch ist bitte eine auf Hochglanz polierte Küche ohne Küchenmaschinen und Kochutensilien?

All das ist in meinen Augen kein Ausdruck von Minimalismus, sondern ein Geschäftsmodell und Angeberei.

Zum zweiten Punkt: Dass immer mehr Menschen an Unkonzentriertheit, Depressionen und unter Schulden leiden, hängt in meinen Augen vor allem mit der Art und Weise zusammen, wie und viel wir konsumieren.

Ist es nicht so, dass wir gerade von den billigen, leicht verfügbaren Dingen oft zu viel haben? Das ist garantiert kein Problem der oberen Zehntausend. Wer braucht Fast Fashion, Fast Food, Plastikspielzeug und die endlosen Unterhaltungsmedien wirklich?

Wann ist man reich?

Minimalistisch zu leben bedeutet, zu wissen, wann genug genug ist. Die Menge, die genau richtig ist, muss individuell gefunden werden.

Deshalb sieht Minimalismus auch bei jedem anders aus – farbenfroh oder monochrom, maximal reduziert auf 100 Dinge, mit Kindern, auf Weltreise oder im Camper.

Von einem einfacheren Leben kann jeder profitieren – auch dann, wenn man nicht viel Geld besitzt. Gerade diejenigen, die ein kleines finanzielles Budget haben, können von den Ideen des Minimalismus profitieren.

Einerseits ganz praktisch, weil sie dann bewusster konsumieren, ihr Geld klüger ausgeben und mehr Spielraum zum Sparen und Investieren haben.

Andererseits, weil freiwilliger Verzicht auch dabei hilft, sich der eigenen Werte bewusst zu werden und Ressourcen freilegt, im Einklang mit diesen zu leben, anstatt sich von anderen sagen zu lassen, wer oder was wertvoll ist.

Und ist das nicht wahrer Reichtum – genau zu wissen, wie viel genug ist, wofür man dankbar sein darf und nicht länger Dingen hinterherzulaufen, die Dich am Ende gar nicht glücklich machen?

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Queen All

    Es ist schon ein Unterschied, ob man selbst entscheiden kann, ob man sich etwas leisten kann, oder ob der eigene Geldbeutel diese Entscheidung für einen trifft. Aber wie du schreibst, ist es eben kein Lifestyle nur für Reiche. Und wie man Minimalismus für sich auslegt, kann ja auch jeder selbst für seine Lebenssituation anpassen. Ich finde es vor allem hilfreich, Kaufentscheidungen bewusst zu treffen und eben nicht jedem Kaufimpuls unreflektiert nachzugeben. Ein reduzierter Besitz stellt sich dann mit der Zeit von ganz alleine ein 😉. Und ja, man muss natürlich erst mal Dinge haben, um Dinge auch wieder aussortieren zu können. Aber es macht eben auch Sinn, für Dinge, die mal genutzt wurden aber nun nicht mehr gebraucht werden, wieder ein neues Zuhause zu suchen. Es gibt fast immer Menschen, die sich darüber freuen. Und das diese Suche manchmal mühsam ist, ist vielleicht gar nicht so schlecht. Dann überlegt man sich das nächste Mal zweimal, ob man etwas wirklich kaufen muss oder ob es nicht andere Alternativen gibt. Gekauft ist schnell, wieder (sinnvoll) losgeworden nicht.

    1. Rebecca

      Liebe Vanessa,
      stimmt, es geht genau darum, dass man ab einem bestimmten Lebensstandard freiwillig weniger konsumiert, weil man das für die bessere Wahl hält. Überhaupt diese Wahl zu haben ist für viele natürlich ein Privileg.
      Deine Einstellung zum Loswerden von Dingen finde ich auch gut – wäre es kinderleicht, würden wir vielleicht noch mehr konsumieren 😉. Von daher ist es weise, sich schon vor dem Neukauf zu überlegen, wie man etwas wieder loswird.
      Herzliche Grüße
      Rebecca

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