Wie mache ich mir das Leben leichter? Dafür gibt es keine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Doch es gibt Minimalismus-Regeln, die Dir weiterhelfen, das Wichtige vom Überflüssigen zu unterscheiden und so Ordnung in Dein Leben zu bringen.
Minimalismus ist etwas ziemlich Individuelles. Jeder darf für sich selbst herausfinden, mit wie vielen Dingen er oder sie glücklich ist. Dem einen reichen 100 Dinge, die andere ist glücklich mir einer umfangreichen Porzellansammlung. So lange, wie Du Dich an den Dingen erfreuen kannst, brauchst Du im Prinzip keine Minimalismus-Regeln.
Sobald Du aber das Gefühl hast, dass Dich die schiere Menge an Gegenständen in Deiner Umgebung belastet, ist Ausmisten angesagt.
Vom Loslassen und Sein-lassen
Beim Minimalismus geht es aber nicht darum, gut erhaltene Dinge wegzuschmeißen (und durch neue zu ersetzen). Es geht darum, Ballast loszulassen und wieder ein gesundes Maß zu finden.
In einer Zeit des materiellen Überflusses hilft uns Minimalismus dabei, uns von Unwesentlichem zu trennen, damit wieder mehr Raum frei wird für das Wesentliche.
Aber wo anfangen?
Manchen Menschen hilft es beim Loslassen und Sein-lassen, sich an den Erfahrungen anderer zu orientieren. In diesem Artikel habe ich deshalb 6 Minimalismus-Regeln zusammengestellt, um Dir die Unsicherheit zu nehmen, die für gewöhnlich auf dem Fuß folgt, wenn wir uns für Weniger entscheiden wollen.
Viele Fragen, die dabei auftauchen, haben sich so oder ähnlich auch schon andere Menschen vor Dir gestellt. Die folgenden Minimalismus-Regeln stammen nicht von mir, aber ich empfinde sie als wertvoll.
Betrachte die Minimalismus-Regeln bitte nicht als strenge Ver- oder Gebote. Vielmehr sollen sie Dir als Inspiration im Alltag dienen und Dich dabei unterstützen, Dir das Leben ein wenig leichter zu machen.
6 Minimalismus-Regeln für ein leichteres Leben
1. One In-One Out-Regel
Die Regel, die mich zu diesem Artikel inspiriert hat: Nachdem ich am Wochenende ein paar neue Kleidungsstücke eingekauft hatte, habe ich heute die One In-One Out-Regel (auf Deutsch etwas holprig: Eins rein-Eins raus-Regel) direkt umgesetzt: Für jedes neue Teil musste ein altes gehen.
Die Vorteile dieser Herangehensweise: Der Kleiderschrank bleibt in etwa gleich gefüllt und platzt nicht irgendwann aus allen Nähten.
Wenn Du eine Capsule Wardrobe aufbaust und darauf achtest, dass neue Einzelteile Deine bestehenden Kleidungsstücke ergänzen bzw. komplettieren, wächst mit der One In-One Out-Regel zudem die Qualität Deiner Garderobe.
Außerdem kannst Du diese leicht zu merkende Daumenregel auch jenseits des Kleiderschrankes anwenden. Zum Beispiel auf Schuhe, Handtaschen, Bücher, Küchenartikel, Handtücher, Bettwäsche, Kosmetik und Möbel. Konsequent angewendet, vermeidest Du damit überfüllte Schubladen, Regale und Keller.
2. Ein-Jahr-Regel
Es gibt viele Dinge, die wir nur aufheben, weil wir sie vielleicht irgendwann nochmal gebrauchen könnten.
Zwar stimmt es, dass wir nie zu 100 Prozent sicher sein können, ob wir einen ausgemisteten Gegenstand in Zukunft noch einmal vermissen werden. Aber zum Glück gibt es eine gute Minimalismus-Regel, die Dir dabei hilft, das Risiko dafür zu minimieren:
Alles, was Du nicht im Laufe des vergangenen Jahres benutzt hast, wirst Du wahrscheinlich im kommenden Jahr auch nicht benutzen.
Das gilt zum Beispiel für Kleidung. Besonders die Teile, die Dir nicht (mehr) passen, oder die sogar noch das Preisschild tragen, kannst Du nach einem ganzen Jahr im Schrank guten Gewissens aussortieren.
In diese Kategorie können auch Haushaltsgeräte fallen, die – wenn überhaupt – extrem selten benutzt werden, Spiele, angefangene Handarbeiten, Hobbyausrüstungen oder technische Geräte, für die Du bereits einen Ersatz hast.
Wenn Du nicht sicher bist, ob etwas unter diese Regel fällt, setze Dir einfach einen Stichtag im nächsten Jahr, zu dem Du Dir vornimmst, eine Entscheidung zu treffen.
3. 333-Regel
Diese Regel dreht sich allein um eine minimalistische Garderobe. Sie stammt von der Bloggerin Courtney Carver und besagt, dass es nicht nur möglich ist, sondern das Leben (besonders den Morgen) auch viel einfacher macht, jeweils drei Monate lang mit maximal 33 Kleidungsstücken auszukommen.
Es ist sicherlich eine Herausforderung, ein Vierteljahr mit nur 33 Teilen (inkl. Acceccoires, Schmuck, Jacken und Schuhen) auszukommen. Doch die Anzahl der Teile im Kleiderschrank deutlich zu reduzieren, wird auch den Stress rund ums tägliche Outfit reduzieren.
Das klingt zunächst vielleicht widersprüchlich, weil wir denken, je größer die Auswahl an Kleidern desto besser. Doch zu viel Auswahl kann uns überfordern. Tatsächlich fallen uns Entscheidungen viel leichter und wir sind mit ihnen zufriedener, wenn die Anzahl an Optionen begrenzt ist.
Wie Du beim „Project 333“ am besten vorgehst, kannst Du auf Carvers Blog nachlesen.
4. 20-20-Regel
Eine weitere Ausmist-Regel: Alles, was Du innerhalb von 20 Minuten mit maximal 20 Euro ersetzen kannst, darf gehen.
Bei dieser Regel fällt mir vor allem der ganze billige Krimskrams ein, den wir aufheben, obwohl wir ihn weder benötigen noch besonders schön finden. Werbegeschenke wie Kugelschreiber, Feuerzeuge oder Flaschenöffner, von denen wir viel zu viele Exemplare aufheben, fallen genauso darunter wie Tüten, lose Knöpfe, Schrauben und andere Einzelteile, von denen wir oft nicht einmal mehr wissen, wozu sie gehören.
Wir sollten uns nicht unnötig mit diesen Dingen belasten. Auch alles, was nicht mehr richtig funktioniert, „Ersatzteillager“ oder Reste von Umzügen und Renovierungsarbeiten können wir im Zweifel schnell und günstig wieder ersetzen und müssen dafür nicht wertvollen Stauraum besetzen.
5. 30-30-Regel
Wenn etwas mehr als 30 Euro kostet, solltest Du eine Wartezeit von 30 Stunden einhalten, bevor Du eine Kaufentscheidung triffst.
Die 30-30-Regel habe ich im Zuge der Recherche für diesen Artikel auf einem Finanzportal gefunden. Sie hilft aber nicht nur dabei, Geld zu sparen, sondern auch ein minimalistisch-leichteres Leben zu führen.
Wenn Du nach 30 Stunden immer noch der Meinung bist, dass Du etwas brauchst, ist die Wahrscheinlichkeit klein, dass Du Deinen Kauf anschließend bereuen wirst.
Indem Du die Zeit für eine Kaufentscheidung selbstbestimmt verlängerst, vermeidest Du emotionale Spontankäufe. Nach demselben Prinzip funktionieren auch (länger angelegte) Wunschlisten.
Während Du wartest, hat Du Zeit zu überlegen, wofür Du den Gegenstand wirklich brauchst bzw. warum genau Du ihn haben möchtest und dafür, Dir weitere hilfreiche Fragen zu stellen, bevor Du eine mittlere bis größeren Anschaffung tätigst.
Ich wette mit Dir: Nach Ablauf der Frist wirst Du in den meisten Fällen zu dem Schluss kommen, das Du auch ganz gut ohne zurechtkommst. Und wenn nicht, wird sich in jedem Fall die Qualität Deiner Kaufentscheidung verbessert haben.
6. 80-20-Regel
Auch als Pareto-Prinzip bekannt. Es besagt, dass rund 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwands erreicht werden.
Dieses Prinzip lässt sich auf erstaunlich viele Phänomene des Lebens anwenden:
- 80 Prozent des Umsatzes werden von 20 Prozent der Kunden erwirtschaftet
- Innerhalb von 20 Prozent Deiner Arbeitszeit erledigst Du 80 Prozent Deiner Aufgaben
- 80 Prozent der Zeit tragen wir 20 Prozent unserer Kleidung
Auch der Umkehrschluss ist wichtig: 80 Prozent der Dinge bringen uns nur 20 Prozent Nutzen! Das Pareto-Prinzip ist eine Wünschelroute für Ineffizienz.
Als (angehender) Minimalist kann Du Dir die 80-20 Regel zunutze machen, indem Du die Dinge identifiziert, die zu den nützlichsten 20 Prozent gehören – die Du etwa 80 Prozent Deiner Zeit nutzt oder mit denen Du 80 Prozent Deiner Aktivitäten erledigst, und Dich auf diese konzentrierst.
Mit dieser Minimalismus-Regel kannst Du nicht nur besser entscheiden, welche Dinge Du loslässt und welche nicht. Du kannst sie auch auf Dein Zeitmanagement anwenden und mit ihr leichter Aufgaben und Aktivitäten priorisieren bzw. delegieren oder ganz ablehnen.
Welche der Minimalismus-Regeln findest Du besonders hilfreich?
Ich freue mich auf Deinen Kommentar!
Zum Weiterlesen empfehle ich Dir besonders folgende Artikel:
Die 30-30-Regel kannte ich nicht – gefällt mir aber. Wenn ich mal was Schönes entdecke, kann ich das nämlich als das perfekte Argument für die Notwendigkeit einer Kaffee-Pause nutzen. Und sollte ich wieder Erwarten sogar eine zweite Enddeckung machen, gibt es obendrauf noch ein Eis 😉
Das Pareto-Prinzip auf Kleidung angewendet finde ich sehr anschaulich. Leider kenne ich Kleiderschränke, bzw. deren Besitzer, bei denen das tatsächlich das erschreckende und traurige Nutzungsverhältnis ist. Viel hilft halt nicht viel…
Liebe Grüße!
Liebe Vanessa,
das Argument mit der Kaffeepause ist überzeugend. Daran werde ich beim nächsten Bummel auf jeden Fall denken bzw. meine Begleitung darauf aufmerksam machen 😉
Viel hilft nicht viel – das hat mir schon mein Erdkundelehrer in Bezug auf den Einsatz von Düngemittel eingebläut 🙂
Dazu möchte ich noch einen Gedanken erwähnen: Natürlich ist es ein Privileg, die Auswahl zu haben. Sich zwischen verschiedenen Möglichkeiten entscheiden zu können ist ein liberales Grundprinzip, das unser Leben reicher macht. Gleichzeitig spricht nichts dagegen, sich aus freien Stücken für Weniger zu entscheiden.
Liebe Grüße
Rebecca
Das mit dem Düngemittel trifft einen wunden Punkt. Seit Jahren wird die Sicht in den Seen wegen der regelmäßigen Überdüngung schlechter, weswegen wir zwischenzeitlich das Tauchen in heimischen Gewässern aufgegeben haben. Da wäre es echt Zeit für weniger!
Ganz schön viele Regeln und ganz schön theoretisch. Ich denke, viele wissen, wie es theoretisch geht, aber mit der Praxis wird es schwierig. Wie machst du es denn ganz konkret?
Liebe Sibylle,
danke für den Hinweis. Ich will als Beispiel die One In-One Out-Regel gerne näher beschreiben: Nachdem ich jüngst eine neue kurze Hose und ein T-Shirt gekauft hatte, habe ich mir in meinem Kleiderschrank genau diese beiden Kategorien angesehen. Es bringt wenig, eine neue Jacke zu kaufen und dafür einen alten Rock auszumisten.
Ich habe also ALLE vorhandenen kurzen Hosen und ALLE T-Shirts in den Blick genommen und mich dann gefragt, auf welche Teile ich am ehesten verzichten könnte. Bei mir fiel die Wahl dann auf eine Hose, die ich nur ein- oder zweimal getragen hatte, weil sie weiß und ein wenig durchsichtig ist. Das T-Shirt, das gehen musste, lag für meinen Geschmack zu eng an.
Mit den beiden neuen Teilen habe ich durch das anschließende Ausmisten kein neues Platzproblem geschaffen und außerdem das Gefühl, dass meine Garderobe sich insgesamt verbessert hat.
Ich hoffe, das Beispiel hilft Dir weiter. Lass mich ruhig wissen, wenn ich demnächst noch mehr auf solche speziellen Fragen eingehen soll!
Herzliche Grüße
Rebecca