Aus Sorge, Geld zu verlieren oder den falschen Einstiegsmoment zu erwischen, vermeiden es viele Menschen, am Aktienmarkt Geld zu investieren. Gehörst Du auch zu denjenigen, die Angst vor dem Investieren haben?
Laut Deutschem Aktieninstitut besaßen im Jahr 2023 rund 12 Millionen Deutsche ein Depot mit Aktien, Aktienfonds oder ETFs, also gut jede Sechste. Im internationalen Vergleich liegen wir mit dieser Aktionärsquote ziemlich weit zurück.
Die niedrige Investitionslust hierzulande liegt in meinen Augen aber nicht nur an einer gering ausgeprägten Aktienkultur oder den Bedingungen der Unternehmensfinanzierung. Ich glaube vielmehr, die Angst vor finanziellen Verlusten an der Börse und das Bedürfnis nach Sicherheit sind bei uns besonders weit verbreitet. Vermeintlich risikofreie Wege wie Girokonto, Sparbuch und Tagesgeld werden deshalb von den meisten bevorzugt.
Mit schwerwiegenden Folgen: Durch die Investitions-Vermeidungshaltung bringt man sich um die Chance, Inflationsverluste auszugleichen, passives Einkommen zu generieren und ein Vermögen aufzubauen. In Zeiten hoher Teuerungsraten führt diese Risikoaversion letztlich erst recht zu Verlusten.
Falls Du auch zu denjenigen gehörst, die noch zögern, findest Du im Folgenden 7 Tipps, wie Du ein für allemal Deine Angst vor dem Investieren verlierst.
7 Tipps, wie Du sicher die Angst vor dem Investieren verlierst
1. Angst vor dem Unbekannten
Zunächst: Es ist in Ordnung, Angst vor dem Investieren zu haben.
Wenn man noch nie investiert hat und nicht genau weiß, wie das funktioniert, ist eine gewisse Zurückhaltung normal. Besonders dann, wenn das Investieren in der Familie nicht vorgelebt wurde oder Berichte von Fehlinvestitionen in den Medien oder im Bekanntenkreis präsent sind, vermeiden es viele, sich ausgewogen mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Dabei ist eine gesunde Portion Skepsis sogar angesagt, wenn Freunde einem plötzlich ganz heiße Investmenttipps zuflüstern oder aufdringliche Werbeanzeigen uns den schnellen Reichtum über Nacht versprechen.
Wie immer im Leben gilt es auch beim Investieren, einen klugen Mittelweg zwischen Ängstlichkeit und Übermut zu finden.
Die Angst vor dem Investieren an sich ist heutzutage zum Glück leicht zu überwinden. Auf vielen Finanzblogs gibt es detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen und reale Erfahrungsberichte, wie der Einstieg reibungslos gelingt. Von der Einrichtung eines Depots bis zum Setzen einer Kauforder sind es oft nur wenige Klicks.
Investieren ist dank der Technik und umfassenden Informationsmöglichkeiten fast so einfach wie ein Online-Girokonto zu führen.
2. Investor Mindset entwickeln
Meiner Meinung nach ist es aber nicht allein damit getan, zu wissen, wie man ganz praktisch Geld investiert.
Häufiger geht es auch darum, zu begreifen, warum man investieren sollte. Entgegen einem zähen Vorurteil ist Investieren an der Börse nämlich nicht nur etwas für Reiche oder Spekulanten. Ein Investor ist prinzipiell jeder, der in der Gegenwart auf einen Teil seines Einkommens verzichtet, um dafür in Zukunft mehr konsumieren zu können.
Da unser Geld durch falsche Finanzpolitik stetig an Wert verliert, ist Investieren mittlerweile schlicht notwendig, um den Wert unseres selbstverdienten Geldes zu erhalten.
Sieh es einmal so: Wenn Du nicht investierst, verliert das Geld, das Du besitzt, jedes Jahr garantiert an Wert, und zwar in Höhe der Inflation – im Jahr 2023 waren das stolze 5,9 Prozent! Dieses Verlustrisiko tritt ganz sicher ein bei Bargeld und unverzinstem Geld auf „Sparbüchern“ und Girokonten.
Ursprüngliche 1.000 Euro besitzen beispielsweise bei einer Inflationsrate von 5,0 Prozent p.a. in zehn Jahren nur noch eine Kaufkraft von rund 614 Euro. Für die identische Kaufkraft in der Zukunft würdest Du demnach heute rund 1.629 Euro benötigen. Zum Inflationsrechner.
Und wusstest Du, dass bei einer Inflationsrate von 5 Prozent Dein Vermögen nach 14,5 Jahren nur noch die Hälfte Wert ist?!
Inflation frisst mit der Zeit Deine Ersparnisse auf. Deshalb ist es für alle, die eine finanzielle Rücklage in Form von Ersparnissen haben und finanzielle Freiheit erreichen wollen, wichtig, die Angst vor dem Investieren zu verlieren und ihr Geld anzulegen.
3. Verlustaversion verstehen
„Verlustaversion“ beschreibt die Erfahrung, dass Menschen Verluste um jeden Preis vermeiden möchten und sichere Anlageformen bevorzugen. Zum Nachteil ihrer Erträge.
Das Risiko, an der Börse Geld zu verlieren, wiegt schwerer als die Chance auf Rendite.
Zur Wahrheit gehört selbstverständlich, dass man beim Investieren an der Börse Geld verlieren kann. Es gibt keine risikolose Anlageform. Ein gewisses Risiko einzugehen ist die Voraussetzung dafür, auch etwas zu gewinnen. Wie überall im Leben.
Den systematischen Denkfehler, Verluste höher zu bewerten als gleich hohe Gewinne, müssen wir deshalb überwinden. Die Gewinne und Dividenden, die Du beim Investieren an der Börse erzielen kannst, liegen – zumal auf lange Sicht gesehen – im positiven Bereich. Der Deutsche Aktienindex DAX hat seit seinem Start zum Beispiel im Schnitt 8,05 Prozent pro Jahr zugelegt.
Da Dein Geld auf dem Girokonto dagegen garantiert an Wert in Höhe der Inflation verliert, sollte man in diesem Fall korrekterweise von einer sehr risikoreichen Anlageform sprechen.
4. Risiken minimieren
Auch wenn niemand künftige Kursentwicklungen vorhersehen kann, gibt es Mittel und Wege, Geld an der Börse zu investieren und das Verlustrisiko gleichzeitig überschaubar zu halten.
Wenn Du Angst vor dem Investieren hast, solltest Du diese Empfehlungen unbedingt beherzigen:
- Investiere nur Geld, auf das Du im Zweifel verzichten kannst. Das können z.B. fünf oder zehn Prozent Deines Einkommens sein, sofern Du bereits Deine Finanzen geordnet und eine finanzielle Rücklage aufgebaut hast.
- Informiere Dich vorab über die Risiken und Chancen verschiedener Anlageformen und wäge ab, welches Maß an Risiken Du bereit bist, in Kauf zu nehmen. Ein guter Tipp eines Geldpsychologen lautet: Geh mit Deinem Geld so um, dass Du nachts noch gut schlafen kannst.
- Minimiere Dein Risiko zusätzlich, indem Du nicht alles auf eine Karte setzt, sondern Dein Geld auf verschiedene Werte streust, etwa auf Unternehmensaktien verschiedener Branchen oder auf diversifizierte Exchange-Traded Funds (ETFs). Mögliche Verluste einzelner Anlagen können dann durch die anderen Werte wieder ausgeglichen werden.
5. Klein anfangen
Eine Investition bezeichnet in der Wirtschaft allgemein den Einsatz von Geld, um einen zukünftigen Nutzen zu erzielen. Mit anderen Worten: Investoren sind Personen, die heute Geld darauf setzen, dass sie morgen mehr Geld zurückerhalten.
Wie viel Geld Du einsetzt ist zunächst einmal nicht entscheidend. Am Anfang geht es darum, überhaupt mit dem Investieren zu beginnen, erste Erfahrungen zu sammeln und sich damit wohlzufühlen.
Klein anfangen ist leichter als Du vielleicht bislang gedacht hast:
Der Einstieg ins Investieren ist bei vielen Banken und Brokern schon mit kleinen Beträgen möglich. Wertpapiersparpläne bei Direktbanken gibt es beispielsweise schon ab einem Euro monatlicher Sparrate und die Depotführung ist in Kombination mit einem Girokonto in der Regel kostenlos. Bei passiv gemanageten Indexfonds liegen die Verwaltungsgebühren zwischen 0,5 und einem Prozent und damit deutlich unter aktiven Fonds.
Mit kleinen, konsequent zurückgelegten Schritten wirst Du in den ersten Wochen und Monaten als Investor zwar nicht reich werden. Aber letztlich lernst Du nur durch Praxis, wie Du investierst.
6. Der perfekte Zeitpunkt
Ich kenne einige Menschen, die erst dann investieren wollen, wenn die Preise günstig sind. Zwischendurch ärgern sie sich aber regelmäßig, dass sie einen guten Kaufmoment verpasst haben.
Auch hier gilt an der Börse wie im Leben: Den perfekten Zeitpunkt gibt es nicht.
Erstens: Du wirst immer erst im Nachhinein wissen, wann der günstigste Einstiegsmoment gewesen wäre. Zweitens: Wenn die Preise im Keller sind, bist Du als Börsenneuling wahrscheinlich viel zu verunsichert, als dass Du mit einem Vorteil einsteigen würdest.
Eine bessere Strategie ist es, sich so bald wie möglich am Börsenmarkt zu beteiligen und an den potentiellen Unternehmensgewinnen Teil zu haben, anstatt nur von außen zuzuschauen. Wie bereits erwähnt, ist die langfristige Entwicklung immer positiv.
Besser früher als später die Angst vor dem Investieren zu verlieren und Geld kontrolliert zu investieren ist aber noch aus einem anderen Grund wichtig: Zeit ist die entscheidende Größe beim Investieren.
Je länger Du investiert bist, desto länger kann der Zinseszins für Dich wirken. Dessen Wirkung ist enorm und wird gerne unterschätzt. Dabei ist es dumm, das Potential von Zeit zu ignorieren und sie nicht in unserem Sinne zu nutzen.
7. Mit Unsicherheit umgehen lernen
Soweit ich weiß, besitzt niemand eine Glaskugel um nachzusehen, was morgen an der Börse passiert. Ein Rest Unsicherheit wird beim Investieren deshalb immer bleiben. Doch wir können lernen, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und mit dem Risiko vernünftig umzugehen.
Schwankende Kurse sind normal, aber am Anfang extrem aufregend. Ich weiß noch genau, wie ich jeden Tag meinen Depotwert überprüft habe und beim Anblick von roten Pfeilen Herzklopfen bekommen habe.
Ich verspreche Dir: Nach und nach wird die Angst vor dem Investieren nachlassen und Du wirst Dich an das ständige Auf und Ab an der Börse gewöhnen. Irgendwann wird es Dir egal sein, wenn der Wert Deines Depots innerhalb eines Tages um mehrere hundert oder gar tausend Euro schwankt.
Die Börse ist eine Schule der stoischen Gelassenheit: Wer langfristig investiert, darf sich von Buchverlusten oder hysterischen Medienberichten nicht verunsichern lassen. Falls um Dich herum einmal Panik ausbricht, solltest Du Dich nicht mitreißen lassen und alles verkaufen. Solange Du nicht verkaufst, hast Du auch noch keinen Verlust gemacht.
Anstatt minutiös Kursbewegungen zu beobachten und Kommentare zu lesen, solltest Du lieber die langfristigen Trends und Zyklen der Wirtschaft und Politik beobachten. Wenn Du die Angst vor dem Investieren verloren und ein Investor Mindset entwickelt hast, wirst Du Rücksetzer sogar als Chance zum antizyklischen Nachkaufen sehen, weil die Preise gefallen sind.
Zum Weiterlesen
Zum Abschluss noch eine sehr gute Nachricht: In den letzten 10 Jahren hat sich die Zahl der Aktionäre in der Altersgruppe 14-39 auf 3,6 Millionen verdoppelt, so das Deutsche Aktieninstitut. Auch deshalb bin zuversichtlich, dass in Zukunft noch mehr Menschen die Angst vor dem Investieren verlieren werden.
Hattest oder hast Du auch Angst vor dem Investieren? Wie gehst Du damit um?
Ich freue mich auf Deinen Kommentar!
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Ich fand vor allem die kleinen Schritte am Anfang sehr hilfreich. Man kann erst mal mit „Spielgeld“ lernen, wie das ganze überhaupt funktioniert und wie groß denn die eigene Risikobereitschaft ist. Vor allem sollte man sich aber nicht von anderen, die womöglich Vorurteile zum Aktienmarkt haben, vom Investieren abhalten lassen.
Eine „Schule der stoischen Gelassenheit“ ist wirklich ein treffender Vergleich 😄. Und wie bei so vielem im Leben lernt man nie aus!
Liebe Vanessa,
genau, winzig kleine Schritte am Anfang sind besser als gar keine oder es irgendwann zu überstürzen. Wie weit man gehen will, zeigt sich mit der Zeit, aber überhaupt zu starten ist die beste Entscheidung.
Herzliche Grüße
Rebecca
Mit über 70 zähle ich hier ganz sicher zu den uralten Investoren und ich war schon beinahe 40, als ich mich endgültig getraut habe in Aktienanlagen zu investieren. Die hier beschriebenen Gefühle von Angst und Unsicherheit am Anfang dieses Prozesses kann ich nur bestätigen. Überwinden konnte ich sie nie vollständig und ich habe sie bis heute, wenn auch nur noch im geringen Maße. Man kann sagen, dass ich mich im Laufe der Jahre gegen Verlustängste nach und nach immunisiert habe. Sparpläne in ETF‘s sind dabei eine große Hilfe. Am stärksten wirkt aber der Erfolg, den man über die Jahre durch den Zinseszins immer deutlicher sieht. Davon hat man zu Beginn leider keine Ahnung und traut sich halt nicht.
Mein Appell an die Jungen und Unerfahrenen: Vertraut einem „alten Hasen“ und fangt einfach an. Mit kleinen Summen, regelmäßig, breit diversifiziert und auf die Kosten achtend!
Lieber Gerhard,
über Deinen Kommentar habe ich mich besonders gefreut! ❤️ Herzlichen Dank dafür, dass Du hier Deine Lebenserfahrungen im Bereich Investieren teilst. Interessant zu lesen, dass die Verlustängste im Lauf der Jahrzehnte nachgelassen haben, aber nie ganz verschwunden sind. Und schön, dass sich der finanzielle Erfolg des Zinseszinses bei Dir inzwischen schon eingestellt hat. Junge Menschen, die überlegen zu investieren, können diese positiven Geschichten gut gebrauchen.
Ich wünsche Dir weiterhin alles Gute und würde mich freuen, wenn Du auf diesem Blog weiter kommentierst!
Viele liebe Grüße
Rebecca